Glaubenssätze und die Grenzen der Fiktionen
1. Profit ist der höchste Wert:
In einer kapitalistischen Gesellschaft wird der Profit oft als das ultimative Ziel betrachtet, das über allem anderen steht. Unternehmen streben nach maximaler Rentabilität, unabhängig von den sozialen oder ökologischen Konsequenzen.
2. Wachstum ist unverzichtbar:
Das Paradigma des permanenten wirtschaftlichen Wachstums wird als unabdingbar für den Fortschritt angesehen. Doch die Fixierung auf Wachstum führt oft zu einer rücksichtslosen Ausbeutung natürlicher Ressourcen und zu einer Verschärfung sozialer Ungleichheiten.
3. Wettbewerb ist der Motor des Fortschritts:
Wettbewerb wird oft als treibende Kraft für Innovation und Effizienz gepriesen. Doch ein ungebremster Wettbewerb kann auch zu Monopolbildung, Marktverzerrungen und einem Mangel an Zusammenarbeit führen.
4. Konsum definiert den Wert eines Menschen:
In einer konsumorientierten Gesellschaft wird der individuelle Wert oft anhand des Konsumverhaltens gemessen. Doch diese Logik führt zu einer oberflächlichen Kultur des Materialismus und zur Vernachlässigung immaterieller Werte wie Mitgefühl und Solidarität.
5. Arbeitsleistung entspricht persönlichem Wert:
Die Vorstellung, dass der Wert eines Menschen durch seine Arbeitsleistung bestimmt wird, führt zu einem prekären Arbeitsklima, in dem Ausbeutung und Überarbeitung an der Tagesordnung sind.
6. Ungleichheit ist natürlich und gerechtfertigt:
Die Existenz von Ungleichheit wird oft als unvermeidlich und gerechtfertigt dargestellt, basierend auf der Überzeugung, dass Leistung und Verdienst untrennbar miteinander verbunden sind. Doch diese Ansicht blendet strukturelle Benachteiligungen und soziale Ungerechtigkeiten aus.
7. Privatbesitz ist heilig:
Die Idee des Privateigentums wird als fundamentales Menschenrecht betrachtet, das geschützt werden muss. Doch die Verteidigung des Privatbesitzes kann zu einer Konzentration von Reichtum und Macht führen, die den Gemeinwohlinteressen entgegensteht.
8. Freie Märkte lösen alle Probleme:
Die Ideologie des Laissez-faire-Kapitalismus besagt, dass freie Märkte automatisch zu effizienten und gerechten Ergebnissen führen. Doch die Realität zeigt, dass Märkte oft versagen, insbesondere in Bereichen wie Gesundheitsversorgung, Bildung und Umweltschutz.
9. Schuld ist individuell:
In einer Gesellschaft, die den Fokus auf persönliche Verantwortung legt, werden strukturelle Ursachen sozialer Probleme oft vernachlässigt. Armut, Arbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung werden als individuelle Versäumnisse betrachtet, anstatt als Ergebnis systemischer Ungerechtigkeiten.
10. Technologischer Fortschritt ist unaufhaltsam:
Die Vorstellung, dass technologischer Fortschritt unaufhaltsam ist und automatisch zu einer besseren Zukunft führt, ignoriert die potenziellen Risiken und Nebenwirkungen neuer Technologien, wie etwa Datenschutzverletzungen, soziale Isolation und ökologische Zerstörung.
11. Alles hat seinen Preis:
Die Idee, dass alles einen monetären Wert hat und dass dieser Wert die einzige relevante Messgröße ist, führt zu einer Kultur der Kommerzialisierung, in der immaterielle Güter wie Natur, Gemeinschaft und menschliche Beziehungen oft unterbewertet werden.
12. Das Streben nach individuellem Erfolg ist erstrebenswert:
Die Vorstellung, dass persönlicher Erfolg das höchste Ziel im Leben ist, führt oft zu einem egoistischen Streben nach Macht und Reichtum, das das Gemeinwohl vernachlässigt und zu einem Gefühl der Entfremdung und Einsamkeit führen kann.
Diese kapitalistischen Glaubenssätze prägen nicht nur unsere wirtschaftlichen Strukturen, sondern auch unsere sozialen Normen, unsere kulturellen Werte und unsere individuellen Lebensweisen. Doch es ist an der Zeit, diese Überzeugungen kritisch zu hinterfragen und nach alternativen Denkansätzen zu suchen, die eine gerechtere, nachhaltigere und menschlichere Welt ermöglichen.