Die Kosten der Kernkraft

Der Vergleich stützt sich auf den „Levelized Cost of Energy“ (LCOE). Diese Kennzahl verrechnet alle Kosten über den Lebenszyklus einer Anlage – Investition, Betrieb, Brennstoff, Rückbau – mit der erwarteten Stromproduktion.

Sinkende Modul- und Turbinenpreise drücken den LCOE von Solar- und Windkraft seit Jahren. Gleichzeitig steigen bei Nuklearprojekten eher die Bau- und Finanzierungskosten, weil Genehmigungen komplex bleiben und Bauzeiten sich oft verlängern.


Wesentliche Kostentreiber unterscheiden sich grundlegend: Photovoltaik ist kapitalintensiv, jedoch technisch standardisiert und in wenigen Monaten errichtet; das Finanzierungsrisiko endet fast mit Netzanschluss. Atomkraft erfordert Milliardenbeträge, Jahrzehnte Bauzeit und langfristige Kapitalbindung. Schon eine moderate Verzögerung hebelt den kalkulierten Abzinsungseffekt aus und lässt den Realstrompreis drastisch wachsen.

Finanz- und Risikoperspektive
Entscheidend sind nicht nur Mittelwerte, sondern auch Varianz und Risikoaufschläge. Investoren verlangen für Reaktorneubauten aufgrund politischer und regulatorischer Unsicherheiten höhere Eigenkapitalrenditen (WACC ≥ 8 %). Wind- und Solarparks in Europa finanzieren sich dagegen häufig mit grünem Fremdkapital unter 4 %. Eine identische Kilowattstunde Kernstrom kann so – rein zinsbedingt – doppelt bis dreifach so teuer sein wie ihr Pendant aus erneuerbaren Quellen.

Systemische Kontextualisierung
Allerdings deckt LCOE nicht die Gesamtsystemkosten: Speicher, Netzausbau und Reservekapazitäten erhöhen die volkswirtschaftlichen Kosten der volatilen Erneuerbaren, während Atomkraft als steuerbare Grundlastquelle Netzdienstleistungen mitliefert. Doch auch hier rückt Wirtschaftlichkeit in weite Ferne, wenn man Rückversicherungsprämien für eventuelle Großschäden, Endlagerung und staatliche Haftungsübernahmen einpreist – Kosten, die bisher meist externalisiert sind.

Makroökonomische Modellierungen (CGEM, REMix, TIMES-EU) zeigen, dass ein Strommix mit hohem Erneuerbaren-Anteil plus Flexibilitätsoptionen (Batterien, Demand Response, Elektrolyseure) bis 2040 im Barwert günstiger bleibt als ein Kernkraft-lastiges Szenario. Selbst Small Modular Reactors senken zwar das Projektrisiko, aber wegen fehlender Serienfertigung noch nicht die spezifischen Erzeugungskosten. Zugleich entwickelt der CO₂-Preis eine inverse Hebelwirkung: Er treibt fossile Spitzenlast teurer, während er den emissionsfreien Reaktor kaum begünstigt, wodurch Flex-Erneuerbare weiterhin Kostenvorteile behalten.