Der Tanz zwischen zweckfreier Kunst und zielorientiertem Design
„Fluid“ – das klingt nach ständiger Bewegung, nach einem Changieren zwischen Formen und Zuständen. In der Gestaltung trifft man zunehmend auf diesen Begriff, der eine Haltung beschreibt, die sich von festen Kategorisierungen löst und auf organische, dynamische Prozesse setzt. Aber was genau bedeutet fluides Design? Wie bewegt es sich im Spannungsfeld zwischen Kunst und Design?

Der Begriff des Fluiden in der Gestaltung
Fluides Design ist mehr als nur eine Formästhetik, es geht vielmehr um ein Verständnis von Gestaltung, das sich den Prinzipien des Statischen und Festgelegten entzieht.Der Gestaltungsprozess selbst wird zum Spiegel eines immerwährenden Wandels.
Der Begriff “fluid” beschreibt dabei eine besondere Art der Flexibilität. Ein fluid gestaltetes Objekt oder System kann sich anpassen, reagieren und sogar transformieren, ohne dabei seine grundsätzliche Identität zu verlieren. Es ist im Grunde eine gestalterische Philosophie, die die Grenzen zwischen Form und Funktion, Kunst und Zweck, statischem Objekt und dynamischer Struktur aufweicht.
Im Spannungsfeld zwischen Kunst und Design
Traditionell gibt es eine klare Unterscheidung zwischen zweckfreier Kunst und zielorientiertem Design. Kunst hat keinen funktionalen Anspruch, sie dient dem Ausdruck, der Reflexion und Interpretation. Design hingegen steht immer im Dienst einer konkreten Anwendung: Es geht um Problemlösung, Benutzerfreundlichkeit und oft auch um ökonomische Faktoren. Fluides Design wagt den Brückenschlag zwischen diesen beiden Polen.
Fluides Design im praktischen Kontext
In der digitalen Welt hat das fluide Design eine weitere Bedeutungsebene erhalten: Hier geht es um flexible, adaptive Systeme, die sich je nach Kontext, Endgerät und Nutzungsverhalten verändern. Ein Beispiel ist das “Responsive Design” in der Webentwicklung, das sich den unterschiedlichen Bildschirmgrößen und -auflösungen von Smartphones, Tablets und Desktops anpasst. Hier zeigt sich das Fluidum in einer technischen, aber auch gestalterischen Anpassungsfähigkeit.
Ein Plädoyer für das Undogmatische
Fluides Design stellt den Anspruch, die starre Trennung zwischen Kunst und Design zu hinterfragen. Es lädt dazu ein, sich in Zwischenräumen zu bewegen, Ambivalenzen zu akzeptieren und in Prozessen zu denken, anstatt in festen Formen. Der Gestalter wird dabei zu einem Moderator des Fluiden: Er schafft Rahmenbedingungen, in denen sich Formen, Konzepte und Bedeutungen wandeln können. Es geht um Offenheit und die Bereitschaft, sich auf das Unvorhersehbare einzulassen – ein Konzept, das nicht nur für die Gestaltung selbst, sondern auch für die Welt, in der wir leben, von Bedeutung ist.
So lässt sich fluides Design als ein Entwurfsprinzip verstehen, das gleichermaßen poetisch wie pragmatisch ist. Es ist eine Einladung, Gestaltung als etwas Lebendiges und Veränderbares zu begreifen und den Weg zwischen Kunst und Design als offenen Prozess zu beschreiten.