Der Taupunkt ist die Temperatur, bei der die Luft ihre unsichtbare Feuchtigkeit in sichtbares Wasser umwandelt
Thomas Schmenger

Warum deine Fenster weinen

Kennst du das? Du stehst morgens auf, schaust aus dem Fenster und siehst, dass es “schwitzt”. Das Wasser läuft die Scheibe herunter, als hätte es beim Marathon mitgemacht. Aber warum? Dahinter steckt ein unsichtbare Mitspieler: Der Taupunkt.

Stell dir die Luft wie einen großen Schwamm vor. Wenn die Luft warm ist, kann dieser Schwamm viel Wasser speichern – die Feuchtigkeit bleibt unsichtbar in der Luft. Aber wenn die Luft abkühlt, “schrumpft” der Schwamm, und sein Platz für das Wasser wird kleiner. Irgendwann ist kein Platz mehr übrig, und das überschüssige Wasser muss raus. Genau dann wird der Wasserdampf in der Luft zu sichtbaren Tröpfchen – auf Blättern, Scheiben oder als Nebel in der Luft. Dieser Moment, in dem die Luft nicht mehr genug Wasser halten kann, heißt Taupunkt. Physikalisch bedeutet das, dass die Lufttemperatur die sogenannte Sättigungstemperatur erreicht hat, bei der die relative Luftfeuchtigkeit 100 % beträgt und der Wasserdampf zu Flüssigkeit kondensiert.

Genauso passiert es mit deinem Fenster: Wenn die kalte Scheibe kälter ist als der Taupunkt der Luft, sagt die Luft: “Sorry, ich hab keinen Platz mehr für mein Wasser!” – und die Scheibe kriegt die volle Ladung. Das Gleiche passiert auch, wenn du morgens Tau auf den Wiesen oder Nebel in der Luft siehst.

Mit der aktuellen Lufttemperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit kannst du den ungefähren Taupunkt in °C berechnen:

Je feuchter die Luft, desto näher liegt der Taupunkt an der aktuellen Temperatur. Stell dir vor, die Luft kann immer weniger Wasser tragen, je kälter sie wird.

Eine Abschätzung zum Taupunkt:


40 % Luftfeuchtigkeit: Aktuelle Temperatur – 13°C (ungefähr)

50 % Luftfeuchtigkeit: Aktuelle Temperatur 10°C

60 % Luftfeuchtigkeit: Aktuelle Temperatur 7°C

70 % Luftfeuchtigkeit: Aktuelle Temperatur 5°C

80 % Luftfeuchtigkeit: Aktuelle Temperatur 3°C

90 % Luftfeuchtigkeit: Taupunkt liegt fast gleich der aktuellen Temperatur

100 % Luftfeuchtigkeit: Taupunkt und Temperatur sind identisch – es bildet sich Nebel!

Ein Beispiel

•Die Raumtemperatur: 20°C und die Luftfeuchtigkeit ist bei 60 %

Wenn die Luft nachts von 20°C auf 13°C abkühlt, fängt sie an zu “schwitzen”. Denn nach der Faustregel liegt der Taupunkt 7°C unter der Temperatur.

Noch ein Beispiel: Schwüle Sauna-Luft

Die Temperatur ist bei 25°C bei einer Luftfeuchtigkeit von 80 %

Laut der Faustregel liegt hier der Taupunkt 3°C unter der Temperatur. Also:

25°C – 3°C = 22°C

Das bedeutet, wenn die Temperatur nur minimal auf 22°C sinkt (zum Beispiel nachts), entstehen Wassertröpfchen auf den Blättern oder auch auf kalten Oberflächen. Und genau das erklärt, warum sich an heißen, schwülen Tagen die Luft so unangenehm “klebrig” anfühlt – weil der Taupunkt fast gleich der Lufttemperatur ist. Dein Schweiß verdunstet nicht, weil die Luft selbst schon voll mit Wasser ist. Da hilft nur kaltes Wasser – oder einfach meckern.

Was bedeutet das für dich?

Schimmel in der Wohnung vermeiden: Wenn die Wände oder Fenster in deiner Wohnung kälter sind als der Taupunkt der Luft, wird es feucht – und wo Feuchtigkeit ist, da kommt leider auch Schimmel. Darum ist es wichtig, dass die Oberflächentemperatur deiner Fenster (und Wände) über dem Taupunkt bleibt. Wie? Zum Beispiel durch bessere Wärmedämmung oder durch regelmäßiges Lüften.

Hitzewelle verstehen: Wenn der Taupunkt an einem Sommertag bei 20°C oder höher liegt – z.B. bei 60 % Luftfeuchtigkeit und 29°C– fühlt sich die Luft unglaublich schwül an. Der Schweiß verdunstet einfach nicht. Und du fühlst dich, als wärst du in einer tropischen Sauna.

Und auch so verstehst du den Taupunkt …

Wenn du das nächste Mal an einem Fenster stehst und dich fragst, warum es “weint”, dann weißt du: Die Luft hat einfach keinen Platz mehr für ihre Feuchtigkeit, weil die kalte Scheibe die Luft abkühlt.

Die Faustregel: Je höher die Luftfeuchtigkeit, desto näher liegt der Taupunkt an der aktuellen Temperatur. Bei 60 % Luftfeuchtigkeit sind es etwa 7°C unter der Temperatur, bei 80 % nur noch 3°C.

Praktische Probleme

Beim Kühlen mit Wärmepumpen im Sommer wird der Taupunkt zu einem wichtigen Thema, insbesondere im Hinblick auf Kondensation und Feuchtigkeitskontrolle. Hier sind die wichtigsten Punkte, die du dazu wissen solltest:

1. Taupunkt und Kondensation

Wenn die Wärmepumpe im Kühlmodus arbeitet, wird die Luft im Raum abgekühlt. Wenn die Oberflächentemperatur der Kühlflächen (z. B. Kühlregister oder Kühlrohre) unter den Taupunkt der Raumluft fällt, beginnt die Luftfeuchtigkeit zu kondensieren. Das Wasser sammelt sich an den Kühlflächen in Form von Wassertropfen.

2. Wasserbildung und Entwässerung

Diese Kondensation ist ähnlich wie bei einer Klimaanlage. Das Wasser muss abgeführt werden, weshalb Wärmepumpen, die zum Kühlen verwendet werden, häufig mit Kondenswasser-Ableitungssystemen ausgestattet sind. Ohne eine gute Entwässerung können sich Pfützen bilden oder Schimmel entstehen.

3. Luftfeuchtigkeit im Raum

Beim Kühlen mit einer Wärmepumpe sinkt die Raumtemperatur, aber die relative Luftfeuchtigkeit steigt, weil kalte Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen kann. Gleichzeitig entzieht die Kondensation Feuchtigkeit aus der Luft. Das sorgt zwar für ein angenehmes Raumklima, kann aber auch zu einem zu trockenen Raumklima führen, wenn die Entfeuchtung zu stark ist.

4. Risiko der Feuchtigkeitsprobleme

Wenn sich die kühlen Oberflächen (wie Rohre oder Wände) unter den Taupunkt abkühlen, kann auch an Wänden, Decken oder Fenstern Kondensation auftreten. Dies passiert vor allem, wenn es draußen sehr heiß und feucht ist, und die Innenflächen zu stark abkühlen. Die Gefahr besteht darin, dass Schimmelbildung entstehen kann, wenn das Wasser nicht abgeleitet wird.

5. Taupunktüberwachung

Moderne Wärmepumpen haben oft Sensoren zur Taupunktüberwachung. Diese Sensoren verhindern, dass die Oberflächen zu kalt werden und die Luftfeuchtigkeit an unerwünschten Stellen kondensiert. Dadurch wird die Abkühlung der Luft geregelt, ohne dass es zu Feuchtigkeitsproblemen kommt.

6. Energieeffizienz

Wenn die Wärmepumpe im Kühlmodus zu stark abkühlt (unter den Taupunkt), wird zusätzlich Energie benötigt, um das entstehende Kondenswasser abzuleiten. Dieser Prozess kann die Energieeffizienz der Wärmepumpe im Kühlbetrieb verringern. Eine bessere Steuerung der Luftfeuchtigkeit und der Oberflächentemperaturen kann den Stromverbrauch reduzieren.

7. Praktische Lösungen

Vermeide zu niedrige Kühltemperaturen: Stelle die Zieltemperatur nicht zu tief ein, um zu verhindern, dass Oberflächen unter den Taupunkt abkühlen.

Entfeuchtung statt Abkühlung: Einige Wärmepumpen bieten einen Entfeuchtungsmodus, der die Luftfeuchtigkeit reduziert, ohne die Temperatur stark zu senken.

Verwende Sensoren: Moderne Wärmepumpen mit Taupunkt-Sensoren können das Risiko von Feuchtigkeitsproblemen automatisch steuern.

Kondenswasser-Ableitung: Achte darauf, dass das Kondenswasser zuverlässig abgeleitet wird, um Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden.

Fazit

Beim Kühlen mit Wärmepumpen im Sommer wird der Taupunkt relevant, weil die kalten Oberflächen dazu führen, dass Wasser aus der Luft kondensiert. Diese Kondensation muss kontrolliert und abgeführt werden, um Schimmel, Pfützen oder Schäden an Wänden und Decken zu vermeiden. Mit der richtigen Temperaturregelung, Taupunktsensoren und einem funktionierenden Kondenswasser-Ableitungssystem lassen sich diese Probleme aber verhindern.