Kritische Stimmen – Was Umweltverbände und Wissenschaftler an Energieplus-Projekten bemängeln
Trotz aller Erfolge gibt es auch kritische Stimmen zu Energieplus-Gebäuden – vor allem aus Umweltverbänden und der wissenschaftlichen Forschung. Ein häufig genannter Punkt ist der Fokus auf den Betrieb, während Herstellung, Transport und Entsorgung oft unterbewertet bleiben. Der sogenannte „graue Energieanteil“ kann je nach Bauweise erheblich sein – besonders bei Hightech-Komponenten und energieintensiven Materialien. Manche Expert:innen fordern deshalb eine ganzheitlichere Bilanzierung über den gesamten Lebenszyklus.
Zudem warnen Umweltverbände vor einem möglichen „Greenwashing“: Nur weil ein Gebäude bilanziell mehr Energie erzeugt als es verbraucht, ist es nicht automatisch umweltfreundlich. Kritik gibt es etwa bei Projekten mit sehr großem Technikaufwand, der in Herstellung und Wartung wiederum viele Ressourcen bindet. Auch der Flächenverbrauch für Neubauten wird thematisiert – vor allem, wenn dafür ökologisch wertvolle Flächen versiegelt werden. Die Frage ist: Löst das Energieplus-Konzept wirklich die Probleme, oder verlagert es sie?
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die soziale Gerechtigkeit: Viele Energieplus-Gebäude sind bislang hochpreisige Pilotprojekte. Geringverdienende oder Mieter haben oft keinen Zugang zu dieser Bauweise oder profitieren nicht direkt von den Vorteilen. Wissenschaftler fordern daher mehr Konzepte für breit anwendbare, sozial durchdachte Lösungen – etwa im Sanierungsbereich oder im sozialen Wohnungsbau. Nachhaltigkeit müsse für alle zugänglich sein, nicht nur für Technik-Enthusiasten mit Eigenheim.
Trotzdem gilt: Kritik bedeutet nicht Ablehnung, sondern soll zur Weiterentwicklung und ehrlichen Bilanzierung beitragen. Denn nur wenn man auch die Schattenseiten kennt, kann man Licht in die Zukunft bringen.
