KI & Lebenskunst

Der Pakt des Unbekannten und des Möglichen

Computersysteme und künstliche Intelligenz beeindrucken uns mit ihrer Fähigkeit, Muster rasch zu erkennen und Datenströme flink zu analysieren. Doch stoßen sie an die Grenzen ihrer binären Logik, wenn es darum geht, das Abenteuer des Nicht-Wissens einzugehen. Dieses Abenteuer – das Risiko, das Ungewisse, die Vorläufigkeit – charakterisiert den Menschen in seiner psychologischen, anthropologischen und ja, auch in seiner philosophischen Dimension.

Die Grenzen der Maschine

In einer binären Welt des Computers kann das “Nicht-1” nur als “0” existieren, eine armselige Beschränkung, die das Wesen des Risikos und der Ungewissheit eliminiert. Menschen dagegen interpretieren Daten frei, sie wagen und riskieren, wodurch Vielfalt und Diversität nicht nur möglich, sondern systemerhaltend notwendig sind. Künstliche Intelligenz mag Diagnosen präzisieren und Navigation erleichtern, doch bei der Interpretation von “großen” Fragen, bei der Annäherung an das Unbekannte und vielleicht Unverständliche, bleibt sie zurück.

Keine Technikfeindlichkeit, aber Skepsis

Die Kritik am unkritischen Einsatz von Begriffen wie “künstliche Intelligenz” ist kein Ausdruck von Kulturpessimismus oder Technikfeindlichkeit. Ganz im Gegenteil: Die Maschinen können unser Leben verbessern und uns bei komplexen Aufgaben unterstützen, von der medizinischen Diagnose bis zur Auswertung riesiger Datenmengen. Die Frage ist jedoch, wann und wie wir sie einsetzen. Big Data und maschinelles Lernen können ebenso für inhumane Zwecke missbraucht werden, wie es bei anderen Erfindungen der Fall ist.

Kunst des Lebens und die Unberechenbarkeit des Menschlichen

Letztendlich bleibt die Kunst des Lebens – die Lebenskunst – eine menschliche Domäne. Sie beschäftigt sich nicht mit Vorhersagbarkeit, sondern mit der Fähigkeit, Risiken einzugehen, das Unbekannte zu erforschen und dort Worte für die Unbestimmtheit zu finden. Sie agiert in dem Bewusstsein der Vorläufigkeit allen Wissens und aller Meinungen. So bleibt sie, im besten Sinne des Wortes, menschlich.