Pfannatismus

PFAS: Unsichtbare Gefahr hinter wasser- und fettabweisenden Versprechen

Kann eine wasserfeste Pfanne wirklich unser Immunsystem ins Wanken bringen?


Die jüngst veröffentlichte Studie mit 200 werdenden Müttern zeigt, dass PFAS bereits im Mutterleib die Plazentaschranke überwinden, im Säugling akkumulieren und dessen Immunantwort messbar schwächen. Selbst minimale Konzentrationen reichten aus, um die Wirksamkeit von Impfungen zu mindern und das Risiko für Atemwegsinfektionen zu erhöhen. Weil PFAS fettliebend sind, lagern sie sich in Organen an und verbleiben dort über Jahre. Das Problem: Wir nehmen sie täglich auf – über antihaftbeschichtetes Kochgeschirr, wasserabweisende Textilien oder fettbeständige Pizzakartons. Eine herkömmliche Pfanne mag also Kratzer abwehren, doch im Körper hinterlässt sie Spuren, die sich nicht so leicht ausbrennen lassen.

PFAS ist der Sammelbegriff für über 10.000 synthetische Verbindungen, die alle eine Kohlenstoff-Fluor-Kette besitzen.


Dieses extrem stabile Bindungspaar sorgt dafür, dass Hitze, Wasser und Öl kaum angreifen können – ideal für Beschichtungen, Feuerlöschschäume oder Kosmetik. Die gleiche Stabilität verhindert jedoch auch den natürlichen Abbau; einmal in der Umwelt freigesetzt, zirkulieren PFAS jahrzehntelang in Wasser, Luft, Böden und Organismen. Studien finden sie inzwischen in Regen, Arktiseis und Menschblut weltweit. Fachleute nennen sie deshalb „forever chemicals“.

Chancen und Potenziale

Bannlisten und Stoffgruppenregulierung in der EU schaffen erstmals klare Anreize für Ersatzstoffe, die verlässlich abbaubar sind. Start-ups entwickeln mineralische und biobasierte Barrieren, die Pizza fettfrei halten, ohne Fluor zu benötigen. In der Outdoor-Branche setzen erste Hersteller auf PFC-freie Membranen und erhalten dennoch Höchstwerte bei Wassersäule und Atmungsaktivität. Wird das Cradle-to-Cradle-Prinzip von Anfang an angewandt, lassen sich Materialien so wählen, dass sie nach Gebrauch kompostiert oder im technischen Kreislauf geführt werden. Transparente Chemikalien­datenbanken erleichtern die Auditierung und machen „frei von Schadstoffen“ überprüfbar statt werblich.

Risiken

Lobbyverbände der Chemieindustrie warnen vor Kosten­explosionen und funktionalen Einbußen, sollten PFAS breit verboten werden. Verzögerungs­strategien führen dazu, dass belastetes Trinkwasser immer häufiger mit teuren Aktivkohle- oder Umkehrosmose­anlagen gereinigt werden muss – Kosten, die letztlich Verbraucherinnen und Kommunen tragen. Gesundheitlich werden PFAS mit Schilddrüsen­störungen, verringertem Geburtsgewicht, erhöhtem Cholesterin und bestimmten Krebsarten in Verbindung gebracht. Ihre Mobilität im Grundwasser erschwert die Sanierung kontaminierter Standorte erheblich. Grenzwerte decken nur einen Bruchteil der Substanzen ab und erfassen kaum Cocktail-Effekte.

Zukunftsperspektive


Die EU-Behörden prüfen derzeit ein pauschales Verbot, das frühestens 2026 in Kraft treten und Übergangsfristen bis 2032 gewähren könnte. Parallel fordern Wissenschaft und NGOs, die Stoffgruppe im REACH-Regelwerk als Ganzes zu adressieren statt Substanz für Substanz. Digitale Produktpässe könnten Verbrauchern und Recyclern zukünftig verraten, welche Chemikalien tatsächlich enthalten sind. Green-Chemistry-Programme an Universitäten arbeiten an fluorfreien Tensiden, die spätestens im nächsten Jahrzehnt marktreif sein sollen. Öffentliche Beschaffung spielt dabei eine Schlüsselrolle, weil sie den Absatz für sichere Alternativen garantiert.

Weitergedacht

Wie sähe ein Alltagsprodukt aus, wenn wir es von vornherein so designen, dass jedes einzelne Molekül am Ende seines Lebenszyklus nützlich bleibt – und wären wir bereit, dafür alte Gewohnheiten aufzugeben?